(...) wer sich von diesem Buch in türkische Dinge einführen lässt, ist möglicherweise trotz der guten Lesbarkeit am Schluss eher verwirrt als erhellt. Dies liegt gerade daran, dass der Autor mit geschickter Auswahl seiner Gesprächspartner die Vielschichtigkeit der heutigen Türkei gut einfängt. Er verwebt Interviews mit anekdotischen und analytischen Passagen

und bietet so Einblicke in Politik und Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur. Sein Prinzip für dieses Buch nicht mit Politikern zu sprechen bewährt sich. Der Klartext-Anteil ist hoch. Ärgerlich ist der zuweilen lockere Umgang mit Zahlen. Wer als Leser schon ein Türkei Bild hatte, wird dieses verfeinern können und wahrscheinlich revidieren müssen. So zieht sich durch viele Kapitel wie ein unsichtbarer roter Faden die Feststellung, dass die türkische Republik ein schwacher Staat ist, entgegen dem aufgeplusterten Staatsgehabe der Erben Atatürks. Der starke Mark gegenüber dem einzelnen Bürger als übermächtig auftreten, Schwäche zeigte aber gegenüber der Wirtschafts Mafia, die im Süd Osten tonangebenden stemmen oder auch den Parteien, die ihn als Selbstbedienungsladen betrachten.

Die jetzt als Regierungspartei bestätigt der AKP nicht der Autor an ihrem eigenen Anspruch, mit Vetternwirtschaft und Korruption aufzuräumen – und er findet etliche Mängel, offenlässt er, wie tief ihr islamischer Charakter ihrer Form ein Vergehen. Damit verbunden betrachtet ihr auch die EU-Perspektive der Türkei differenziert und findet, beide Seiten müssten sich zuerst klar werden, was sie voneinander und miteinander wollten.

28.07.2007